Entstehung der Medaille zum Rechtsstaatlichkeitspreis

Ein "Fabriksken" in der Stadt des Lichts

Im Lüdenscheider Familienunternehmen Steinhauer & Lück werden seit über 130 Jahren Orden, Medaillen und Abzeichen hergestellt. Kunden sind Schützen, Jäger, Karnevalsvereine ebenso wie Bund, Länder und Kommunen. Für den Europaminister des Landes Nordrhein-Westfalen wurde nun die Medaille für den neuen Preis "Einsatz für den Rechtsstaat in Europa" angefertigt. Ein Blick hinter die Kulissen offenbart leidenschaftliches Handwerk und viel Liebe zum Detail „Made in NRW”.

Text: Robin Teller | Fotos: Günther Ortmann

Pressemitteilung vom 13.05.2022   |  Bildergalerie Preisverleihung  |  Bildergalerie zur Entstehung der Medaille

Um 7 Uhr morgens beginnt auf der Hochstraße in Lüdenscheid die erste Schicht. Der Name ist Programm: Die meisten Straßen des Sauerlands – dem „Land der tausend Berge” – fühlen sich durch ihre Steigungen durchaus „hoch” an. Vorbei an den Parkplätzen geht es direkt in eine andere Welt aus einer anderen Zeit. 1894 wurde der ursprüngliche Teil des Gebäudes erbaut. „Fabriksken”, wie man hier in Lüdenscheid liebevoll sagt. Auf den massiven Holztischen stapeln sich Bürsten, Pfeilen, Zangen, Messwerkzeuge und andere Metallgegenstände. Aber das iPhone im Regal erinnert daran, dass wir uns im Jahr 2022 befinden. Mit filigranen Gerätschaften wird hier der letzte Schliff am Prägestempel vorgenommen, der extra für den Rechtsstaatlichkeitspreis des Europaministers von Nordrhein-Westfalen angefertigt wurde. Der Grafikentwurf stammt vom Computer, aber alles, was jetzt folgt, ist traditionelles Handwerk.

Am 1. April 1889 gründen der Techniker August Steinhauer und der Kaufmann Adolf Lück gemeinsam die Firma Steinhauer & Lück. Seitdem werden dort Orden, Medaillen und Abzeichen für Vereine, Verbände und Organisationen hergestellt. Das Produktsortiment reicht von Königsketten für Schützen, Jagdmedaillen für Jäger bis hin zu Orden für Karnevalisten. Kunden sind aber ebenso Privatbürger, Unternehmen und Behörden. Unzählige Rettungsschwimmer und Feuerwehrleute haben durch die Auszeichnungen aus Lüdenscheid schon ihre verdiente Anerkennung erhalten. 30 Personen sind heute im Familienunternehmen beschäftigt. Mehr als die Hälfte der Belegschaft sind Frauen, die Geschäftsleitung ist ebenso weiblich.

Lüdenscheid nennt sich selbst „Stadt des Lichts”, schließlich zählt die Licht- und Leuchtenindustrie zu den wichtigen Wirtschaftsbranchen. Sie könnte dank der vielfältigen und bundesweiten Auftragslage von Steinhauer & Lück ebenso „Stadt der Orden” heißen. Auf der städtischen Homepage heißt es nicht ohne Stolz, dass „auch der Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen und exklusiv seit seiner Stiftung im Jahre 1951 das Bundesverdienstkreuz” in Lüdenscheid hergestellt wird. Vielleicht besteht also doch noch etwas Hoffnung für einen neuen Slogan.

Um 8:30 Uhr ist der Prägestempel fertig. Beinahe jeder Auftrag erhält seine eigene Werkzeugvorlage, ein massiver Zylinder aus Stahl, in Detailarbeit per Hand erstellt. Die meisten Stempel werden mindestens fünf Jahre aufbewahrt, 0ftmals aber sogar deutlich länger. „Wir haben auch schon mal Anrufe von Kunden, die vor 30 Jahren eine Medaille bei uns beauftragt hatten und gerne das Gleiche nochmal hätten. Da müssen wir dann erstmal nachsehen, ob sich die Vorlage noch findet”, sagt die Prokuristin Marion Wittlich. Und tatsächlich: In langen Regalen reihen sich die Stempel als Zeugnis vergangener Aufträge aneinander. Jedes Unikat erzählt seine eigene Geschichte.

8:45 Uhr. Die deckenhohe Prägemaschine wird eingerichtet. Riesige Schrauben werden eingestellt und filigran justiert. Der aus einem langen dünnen Strang ausgestanzte Messingrohling bekommt durch den Stempel nun alle Details verpasst, indem die Presse mehrmals mit tonnenschwerer Kraft herunter kracht. Für den Laien sieht das Ergebnis jetzt schon wie eine fertige Medaille aus. Aber für den Kenner ist das erst der Anfang.

9:30 Uhr. Die Sirene im Hof heult zur Brotzeit auf. „Morgens halb zehn in Deutschland” wird hier noch jeden Tag eisern befolgt.

9:50 Uhr. Es geht weiter mit Kantensäuberung und Abschleifen der Medaille.

10:30 Uhr. Galvanisierung. Der Galvaniseur taucht den Rohling in ein Nickelbad. Hier befinden sich kleine Kügelchen an der Oberfläche, um wie ein Kochtopfdeckel Dämpfe zu reduzieren und Energie zu sparen. Die alte Beizanlage ist mittlerweile durch eine hochmoderne Wasserstoffperoxydbeize ersetzt worden, die keinerlei Schadstoffe mehr produziert. Abwasser läuft hier in einen geschlossenen Kreislauf. Das hat nicht nur Kosteneinsparungen als Grund. Nachhaltigkeit wird im Familienunternehmen gelebt. Das Fabriksken ist ein Gegenentwurf zur Wegwerfgesellschaft. Wenn etwas nicht mehr funktioniert, dann wird es einfach selbst repariert. Auf einem Tisch sieht man Werkzeug-Ersatzteile, die in einer alten Dose aufbewahrt werden. Vintage würde man heute dazu sagen. Warum wegschmeißen, wenn es funktioniert?

11:15 Uhr. Die Messingoberfläche wird versilbert und schließlich geschwärzt. Das Bürsten bringt das Silber wieder zum Vorschein und der charakteristische „3D-Effekt” mit verschiedenen Tiefenschichten entsteht.

11:30 Uhr. Es geht zur Spritzerei und anschließend wird der Lack bei 100 Grad eingebrannt. „Der Ofen ist von 1947, der Hersteller wollte uns den schon wieder abnehmen”, erzählt Herstellungsleiter Kai Hermann. Aber auch hier gilt: „Was noch gut funktioniert, geben wir nicht her, weil Öfen von solcher Qualität heute gar nicht mehr hergestellt werden“.

12:30 Uhr. Die Sirene heult zur Mittagspause.

13:00 Uhr. Der Lack ist getrocknet. Die Medaille wird nun endlich passgenau in ihrem weichen Samtbett platziert und ist damit offiziell fertig. Nun kann man auch deutlich das Motiv erkennen: Vom Schriftzug umrandet hält Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit, ihre Waage hoch in der linken Hand, stets bereit, das Recht ohne Ansehen der Person (Augenbinde) und nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage (Waage) zu sprechen. Jetzt, da der Prägeprozess der Medaille beendet ist, kann man auch als Besucher seinen Kaffee in Ruhe genießen und den Blick ein letztes Mal über die deckenhohen Regale mit geheimnisvollen Werkzeugen aus einer anderen Zeit schweifen lassen. Die Kaffeelöffel sind natürlich ebenfalls hausintern graviert mit dem Firmennamen in schwungvollen Lettern. Im Fabriksken in Lüdenscheid wird halt noch Wert auf die kleinen Details gelegt.

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