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Foto: Landesvertretung NRW | Phil Dera
8. April 2022
Die 1019. Sitzung des Bundesrates
Kurz berichtet
Bundeswehrsondervermögen
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat verteidigungspolitischen Erwägungen besondere Aktualität verliehen. So hat der Bundestag Ende Februar gefordert, bestehende Fähigkeitslücken bei der Bundeswehr rasch zu schließen und dafür notwendige finanziellen Ressourcen nachhaltig bereitzustellen. Freiheit, Frieden und Demokratie sind nicht so selbstverständlich wie gedacht, mahnte Ministerpräsident Hendrik Wüst im Bundesratsplenum. Zur europäischen Idee und Identität gehörte eigentlich, dass Konflikte am Verhandlungstisch, nicht auf dem Schlachtfeld ausgetragen werden. Das ist jetzt anders gekommen. Wüst: „Freiheit und Demokratie gibt es nicht umsonst. Wir müssen bereit sein, sie zu verteidigen. Demokratie muss wehrhaft sein nach außen und nach innen.“ Deswegen sei es richtig, die Bundeswehr mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zu stärken und zu ertüchtigen. Die Bundesregierung hat mit einer Grundgesetzänderung und einem Gesetz zu einem Sondervermögen Bundeswehr entsprechende Vorschläge gemacht. Nordrhein-Westfalen unterstützt dieses Ansinnen. Aber: „Jeder Cent davon muss bei der Bundeswehr landen. Wir müssen den Soldaten die Ausrüstung geben, die ihnen den nötigen Schutz und die Schlagkraft gibt, die sie brauchen“, so Wüst in der Länderkammer. Es dürfe kein Strohfeuer sein. Deutschland müsse dauerhaft in der Lage sein, seinen Bündnisverpflichtungen nachzukommen. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Ermächtigung zur Einrichtung des geplanten Sondervermögens im Grundgesetz festzuschreiben. Darin will sie die Bindung an den Zweck der Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit auf Verfassungsebene verankern und eine Ausnahme von der Schuldenbremse vorsehen. Das Sondervermögen soll nach den Plänen der Bundesregierung mit einer eigenen Kreditermächtigung in Höhe von einmalig 100 Milliarden Euro ausgestattet werden. Die Investitionen aus dem Sondervermögen sollen sicherstellen, dass die Bundeswehr ihrem verfassungsmäßigen Auftrag zur Landes- und Bündnisverteidigung nachkommen kann. Außerdem soll damit das NATO-Übereinkommen erfüllt werden, wonach insgesamt zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Verteidigung investiert werden sollen.
Mehr Tempo beim Bauen für den Verkehr
Wenn es gilt, Straßen oder Brücken neu zu bauen oder auch nur zu erneuern, dauern Planung und Umsetzung in Deutschland deutlich zu lange. Das stellte die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Brandes im Bundesrat fest. „Wir müssen schneller werden. Tempo braucht in Deutschland eine Lobby“, sagte die Ministerin Plenum und stellte dort eine Initiative vor: „Entschließung des Bundesrates: Dringend erforderliche Baumaßnahmen im Verkehrsinfrastrukturbereich beschleunigen – Potentiale bei Vergabe-, Planungs-und Genehmigungsverfahren nutzen“.
Nordrhein-Westfalen schlägt darin unter anderem vor, bei der Erneuerung von Bauwerken von Bundesfernstraßen auf eine Planerstellung sowie die Umweltverträglichkeitsprüfung zu verzichten. Außerdem sollen Planung und Bauausführung gemeinsam ausgeschrieben werden können. Die Ministerin wirbt auch für eine gemeinsame Vergabe mehrere Teil- und Fachlose sowie einen effektiveren Rechtsschutz durch die Vergabesenate mit Blick auf die Entscheidungszeiträume und damit verbundenen Einbußen durch Bauzeitverzögerungen.
Ministerin Brandes betont die Notwendigkeit dieser Maßnahmen vor allem vor dem Hintergrund der durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 beschädigten Infrastruktur und nannte in diesem Kontext beispielhaft die Talbrücke Rahmede auf der A45. Sie wies aber auch darauf hin, dass ähnliche Problematiken mit unzulänglichen Bauwerken in allen Bundesländern bestünden. Eine intakte Infrastruktur sei jedoch für den Wirtschaftsstandort Deutschland unabdingbar und zudem Garant von Wohlstand und sozialer Sicherheit. Planung, Genehmigung und Bau seien allerdings zu langsam. Die Ministerin resümierte: „Viele Prozesse sind unnötig komplex, gesetzliche Hürden liegen zu hoch und eine parallele, effiziente Bearbeitung von Projekten wird in Teilen unmöglich gemacht.“
Die Fachausschüsse des Bundesrates werden den Antrag nun beraten und für das Plenum eine Beschlussempfehlung erarbeiten.
Verwaltungsgerichtsordnung
Landesjustizminister Peter Biesenbach stellte dem Bundesrat eine Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung vor. Mit dem Gesetzentwurf ist vorgesehen, in den Vorschriften, soweit sie die Vollstreckung gegen Hoheitsträger betreffen, an verschiedenen Stellen Ergänzungen und Klarstellungen einzufügen. Das Ziel: Insgesamt zu einer rechtssichereren und vorhersehbareren Rechtsanwendung in diesem Bereich zu gelangen. Reichweite, Umfang und etwaige Defizite bei der verwaltungsgerichtlichen Vollstreckung gegen Hoheitsträger sind in Rechtsprechung und Schrifttum bereits seit langer Zeit Gegenstand einer lebhaften Diskussion. Diese ist mit Blick auf die Vollstreckung gegen Hoheitsträger durch - vereinzelt gebliebene - Fälle aus der jüngeren Vergangenheit aktuell, in welchen Behörden trotz gegen sie gerichteter, vollstreckbarer Entscheidungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit ihre dort niedergelegten Pflichten nach Auffassung der Judikative nicht erfüllt haben. Der Gesetzentwurf aus Nordrhein-Westfalen sieht hierzu einige klarstellende Regelungen vor. Der Bundesrat hat ihn zur weiteren Beratung an die Fachausschüsse überwiesen.
Heizkostenzuschuss
Wer Wohngeld, BAföG und weitere Bildungsförderungen bekommt, soll einen einmaligen Zuschuss erhalten, um den stark angestiegenen Heizkosten Rechnung zu tragen. Für einen Ein-Personen-Haushalt mit Wohngeldbezug würde dies einen Zuschuss von 270 Euro bedeuten. Zwei-Personenhaushalte erhalten 350 Euro sowie jedes weitere Familienmitglied 70 Euro. Wer studiert oder sich in einer Ausbildung befindet, kann mit einmalig 230 Euro rechnen. Diese Zuschüsse werden gezahlt, ohne dass dazu ein Antrag notwendig ist. Sie sind auch vor Pfändung geschützt. Die Auszahlung soll im Sommer erfolgen. Der Bundesrat hat die Regelung gebilligt. Zugleich fasste er eine Entschließung und fordert darin, für Haushalte mit schwachen Einkommen eine nachhaltige und dauerhafte Lösung zu finden. außerdem soll der Bund die im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimakomponente umsetzen und die steigenden Belastungen bei den Wohnkosten nach energetischen Sanierungen im Wohngeld abbilden.
Gasspeicher
Der Bundesrat hat ein Gesetz zu Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen gebilligt. Es ist ein Baustein zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland und zielt darauf ab, unter Beachtung der aktuellen Lieferstrukturen und Lieferbeeinträchtigungen eine Unterversorgung zu vermeiden. Zu diesem Zweck und um Preisspitzen auszugleichen, sollen bestimmte Speicherfüllstände vorgegeben werden. Das Gesetz setzt dabei zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit auf eine Kombination von Füllstandsvorgaben und Bereitstellungsmechanismus für ungenutzte Kapazitäten sowie die Ausschreibung von strategischen Optionen, den sogenannten Strategic Storage Based Options (SSBOs) zur marktbasierten Befüllung von Speicherkapazitäten. Die in Deutschland tätigen Betreiber von Gasspeicheranlagen haben die Einhaltung der Füllstandsvorgaben zu gewährleisten und zu überwachen. Das Befüllen der Erdgasspeicher erfolgt dabei in drei Schritten. Hintergrund: Im Winter 2021/22 stellte sich eine bislang einmalige Situation ein. Die Gasspeicher in Deutschland wiesen die niedrigsten Füllstände der vergangenen 15 Jahre auf, was in der Folge zu starken Preissteigerungen am Spotmarkt für Gas führte.
Mindestlohn
Der Mindestlohn soll nach Wunsch der Bundesregierung steigen. Ab 1. Oktober soll er auf 12 Euro pro Stunde angehoben werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Verdienstgrenze (Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs) auf 520 Euro vorgesehen. Künftig orientiert sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (Midijobs) soll von monatlich 1.300 Euro auf 1.600 Euro angehoben werden. Der Bundesrat begrüßt die geplanten Regelungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung im Grundsatz. Er teilt insbesondere auch die in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Ausdruck kommenden Anliegen, Anreize für die Umwandlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu schaffen und den Missbrauch von Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse zu verhindern. Die Länderkammer regt jedoch an zu prüfen, welche Anreize gegebenenfalls unterhalb der gesetzlichen Ebene gesetzt werden könnten, um insbesondere Arbeitgeber zur Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu motivieren.
Steuerentlastung
Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 2022 vorgelegt. Darin sind, insbesondere vor dem Hintergrund aktuell gestiegener Verbraucherpreise bei der Energie, entlastende steuerliche Maßnahmen vorgesehen: Erhöhter Arbeitnehmer-Pauschbetrags bei der Einkommensteuer, Anhebung des Grundfreibetrages von 9.984 Euro auf 10.347 Euro, Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer rückwirkend zum 1. Januar 2022 auf 38 Cent, Anhebung der Mobilitätsprämie für Geringverdiener. Der Bundesrat erhob hiergegen keine Einwendungen.
Aufenthaltsrecht von Ukraineflüchtlingen
Um den Aufenthaltsstatus von Flüchtenden aus der Ukraine in Deutschland zu verbessern, stimmte der Bundesrat zu, die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung bis zum 31. August 2022 zu verlängern. Die Verordnung befreit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine unbürokratisch vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels.