Wir brauchen Fachkräfte, um unseren „Laden am laufen zu halten“

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1035. BR | Mona Neubaur
7. Juli 2023

Wir brauchen Fachkräfte, um unseren „Laden am laufen zu halten“

Beratung im Bundesrat zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Der Bundesrat billigte am 7. Juli das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur begrüßte das Gesetz, das es jetzt mit Leben zu füllen gelte, und wies auf den enormen Fachkräftemangel und die schwierige Lage für die Wirtschaft hin.

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Gleich zu Beginn stellet die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur fest: „Der Fachkräftemangel ist omnipräsent: in der IT-Branche, in der Pflege, im Gesundheitswesen, in Kitas, in der Gastronomie, im Handwerk. Die Liste ist zu lang. In jedem 6. Beruf fehlen Arbeits- und Fachkräfte.“ Hinzu komme, dass sich „in einer Gesellschaft, die so geprägt ist vom demographischen Wandel“, dieses Problem immens verstärke. Mehr noch: „Fachkräftemangel ist längst zu einer Fachkräftekrise geworden.“ Konkrete Zahlen belegen den Befund: „Jede Fachkraft in Deutschland, die nicht da ist, bedeutet 86.000 Euro Verlust an Wirtschaftskraft. Derzeit fehlen laut Bundeagentur für Arbeit rund 400.000 Fachkräfte pro Jahr. Das bedeutet einen hohen zweistelligen wirtschaftlichen Milliardenschaden pro Jahr.“ Nordrhein-Westfalen ist als wirtschaftsstärkstes deutsches Land und Vollsortimenter mit der vollen Breite an Branchen spürbar betroffen. Ministerin Neubaur: „NRW ist Industrieland. Diese Industrie hat drängenden Fachkräftebedarf. Wir brauchen Fachkräfte für unseren Industriestandort, für unseren Stahlstandort, für den Maschinenbau, für den Dienstleistungssektor, für das Handwerk und viele weitere Bereiche. Fachkräftemangel besteht in so gut wie allen Bereich, und die Fachkräftekrise hat wirtschaftliche und soziale Sprengkraft.“

Deswegen begrüßte die Ministerin das vom Bundestag beschlossenen Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung. Deutschland zeige mit diesem Gesetz: „Wir wollen uns diese Situation nicht länger leisten. Das Gesetz ist dringend nötig und war lange überfällig.“ Jetzt gelte es, das mit Leben zu füllen. „Das wird eine Kraftanstrengung für alle Beteiligten werden: Länder, Kommunen und den Bund.“

Wie müssen vermitteln, so Neubaur, dass Deutschland ein attraktiver Ort ist, um sein Leben zu leben. „Wir stehen als Deutschland in einer harten Konkurrenz zu anderen Regionen in der Welt, zum Beispiel den USA und Kanada. Es ist wichtig, dass wir neben der Technik eines Gesetzes gemeinsam eins verstehen: Was wir mit diesem Gesetz machen ist: Wir stärken Deutschland, wir tun etwas gegen die Spaltung in unserer Gesellschaft.“
 

Hintergrund

Das Gesetz weitet die Möglichkeiten der Migration zur Erwerbstätigkeit aus. Damit will es dem Fachkräftemangel in Deutschland durch die Weiterentwicklung der gesteuerten Zuwanderung aus Drittstaaten entgegenwirken. Für die Fachkräfteeinwanderung nach Deutschland gibt es in Zukunft ein Säulensystem und im Wesentlichen drei Wege: „Fachkräftesäule“, „Erfahrungssäule“, „Potenzialsäule“.

In der Fachkräftesäule, dem zentrale Element des Gesetzes, steht der Fachkräftebegriff im Mittelpunkt, der eine Gleichwertigkeit der ausländischen Berufsqualifikation beinhaltet. Zukünftig soll eine Fachkraft jede qualifizierte Beschäftigung ausüben können. Ferner senkt das Gesetz die bestehenden Gehaltsschwellen der Blauen Karte EU ab. Es erleichtert ferner Bedingungen für Berufsanfänger. Vereinfachungen führt das Gesetz durch Regelungen zur Mobilität und zum Familiennachzug ein. Bei der Bildungsmigration erleichtert das Gesetz die Sicherung des Lebensunterhalts durch die Ausweitung von Nebenbeschäftigungsmöglichkeiten während des Studiums. Auch wird die Durchlässigkeit zwischen Aufenthalten zu Bildungs- und Erwerbszwecken gesteigert. Die Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation soll durch die Möglichkeit der Einreise zur Qualifikationsanalyse erleichtert werden.

Bei der Erfahrungssäule öffnet das Gesetz die Einreise und die Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung bereits ohne einen in Deutschland formal anerkannten Abschluss, und zwar für alle Berufsgruppen. Voraussetzung: eine zweijähre einschlägige Berufserfahrung, ein bestimmtes Mindestgehalt sowie eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zweijährige Ausbildung.
Potenzialsäule führt die so genannte „Chancenkarte“ als neuen Aufenthaltstitel ein. Sie basiert auf einem Punktesystem und ermöglicht Arbeitskräften zur Arbeitsplatzsuche einen gesteuerten Zugang zum Arbeitsmarkt. Dafür ist zunächst eine Vorqualifikation nachzuweisen. Außerdem werden Deutschkenntnisse oder Englischkenntnisse auf dem Niveau B 2 verlangt. Ferner soll das Potenzial für eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration anhand festgelegter Kriterien wie u.a. Qualifikation, deutsche Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug ermittelt werden.

Im Beratungsverfahren im Bundestag wurde der ursprüngliche Entwurf noch verändert:

  •  „Spurwechsel“: Asylbewerber sollen künftig unabhängig vom Ausgang ihres Verfahrens in Deutschland bleiben dürfen, wenn sie eine Beschäftigung vorweisen können. Um Fehlanreize zu vermeiden, gilt diese Regelung allerdings nur rückwirkend für Menschen, die sich bereits im Asylverfahren befinden.
  • Familiennachzug: Die Hürden beim Familiennachzug werden abgesenkt. Auch Eltern und Schwiegereltern von Arbeitnehmern können den Zugang beantragen.
  •  „Zweckwechsel“: Das deutsche Aufenthaltsrecht sieht bisher vor, dass eine Einreise immer mit dem Visum erfolgen sollte, bei dem der Zweck eindeutig bestimmt ist. Inhaber eines Schengenvisums, die kurzfristig einen Arbeitsplatz in Deutschland angeboten bekamen, mussten daher zunächst ausreisen. Dies hat für die Betroffenen ein langwieriges Visumsverfahren im Herkunftsland zur Folge.

Eine ebenfalls beschlossene Rechtsverordnung ergänzt das Gesetz und regelt Details. Ziel der Verordnung ist es, weitere rechtliche Maßnahmen umzusetzen, um die Bedarfe des Wirtschaftsstandortes Deutschland und die Fachkräftesicherung durch die Weiterentwicklung einer gezielten und gesteuerten Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften aus Drittstaaten zu flankieren. Zudem sollen notwendige Änderungen und Klarstellungen vorgenommen werden. Es werden weitere Hürden für die Einwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten abgesenkt:

So soll die sogenannte Westbalkan-Regelung entfristet und das Kontingent verdoppelt werden. Damit könnten künftig jährlich bis zu 50.000 Staatsangehörige aus den sechs Westbalkanstaaten zuwandern. Sie können für jede Beschäftigung nach Deutschland einreisen ohne berufliche Qualifikationen nachweisen zu müssen.

Personen, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in dem Beruf haben, der in DE ausgeübt werden soll, und einen Hochschul- oder Berufsabschluss haben, der in dem Land, in dem er erworben wurde, staatlich anerkannt ist und für den eine mindestens zweijährige Ausbildung vorgesehen ist, wird die Einwanderung ermöglicht.
Für IT-Spezialisten, die bisher schon ohne Abschluss aufgrund ausgeprägter Berufserfahrung nach Deutschland kommen können, werden die Dauer der Berufserfahrung und die Gehaltsschwelle abgesenkt.

Für die im Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung geregelte Anerkennungspartnerschaft werden die Voraussetzungen für die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit geregelt.
Zur Stärkung der Bildungsmigration wird die Vorrangprüfung beim Zugang zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung gestrichen. Kurz-praktika von bis zu sechs Wochen können bei ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen künftig auch Schülerinnen und Schüler sowie Schulabsolventinnen und Schulabsolventen anderer ausländischer Schulen als den deutschen Auslandsschulen absolvieren.
 
So wird u. a. für Personen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung für nicht-reglementierte Berufe in allen Branchen ein Zugang geschaffen. Voraussetzung dafür ist, dass sie eine mindestens zweijährige, für die Beschäftigung befähigende Berufserfahrung und einen Berufs- oder Hochschulabschluss besitzen, der in dem Land, in dem er erworben wurde, staatlich anerkannt ist. Die Ausbildung muss mindestens zweijährig sein. Es muss grundsätzlich ein Arbeitsplatzangebot mit einem Gehalt von mindestens 45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung vorliegen. Sprachkenntnisse müssen nicht nachgewiesen werden. Die Anforderungen an Personen mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie werden gesenkt.

Im Gesundheits- und Pflegebereich wird für die Erteilung der Zustimmung auf den engen berufsfachlichen Zusammenhang zwischen der Tätigkeit während des Anerkennungsverfahrens und der nach der Anerkennung angestrebten Tätigkeit verzichtet. Außerdem muss kein konkretes Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung nach der Anerkennung mehr vorgelegt werden. Es wird ein Arbeitsmarktzugang für Pflegehilfskräfte geschaffen, die eine Ausbildung unterhalb des Fachkraftniveaus abgeschlossen haben.
 

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