
Verfassungspraktischer Alleskönner
1000. Sitzung: Bundespräsident Steinmeier würdigt den Bundesrat
Der Bundesrat hat viel beigetragen zur Stabilität der deutschen Demokratie!
Anlässlich der 1000. Sitzung blickte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Plenum auf gut 70 Jahre Föderalismus in der Bundesrepublik zurück. Den Bundesrat charakterisierte er als einen „Ort der Arbeit“, an dem die Politik mit Leidenschaft und Augenmaß harte Bretter bohrt, kurz „ein Ort, an dem für unsere Demokratie gearbeitet wird“.
Am 7. September 1949 tagte in Bonn der Bundesrat zum ersten Mal, übrigens wenige Stunden vor dem Bundestag, und damit als erstes gesetzgeberisches Verfassungsorgan der neu gegründeten Bundesrepublik. Damals wählten die Mitglieder des Bundesrates den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Karl Arnold zu ihrem ersten Präsidenten. Dieser war für einige Tage auch das erste Staatsoberhaupt der Bundesrepublik. Denn die Bundesversammlung wählte Theodor Heuss erst am 12. September 1949 zum ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland.
Bundespräsident Steinmeier blickte auch auf eigene Erfahrungen und Erinnerungen zurück. In unterschiedlichen Funktionen und Verantwortungen hatte er in seinem beruflichen Leben mit der Länderkammer zu tun – „mal im Land, mal im Bund, mal in der Regierung, mal in der Opposition“
Föderalismus, das bedeute Vielstimmigkeit und Vielfalt. „Unsere Demokratie gelingt nicht trotz der unterschiedlichen Sichtweisen, sondern erst dank des Zusammenwirkens und des Ausgleichs all dieser legitimen Perspektiven und Interessen.“
Deutschland war, so Steinmeier, schon immer ein „Land der Länder“, so dass 1945 der neu gegründete Bundesstaat entstand nicht im verfassungspolitischen Vakuum entstand. Das Verhältnis der Teile zu einem Ganzen und umgekehrt bestimmt in Deutschland die Politik seit ehedem. „Unser heutiger Föderalismus ist Ausdruck von zutiefst antitotalitären und antizentralistischen Überzeugungen. Föderalismus bedeutet vor allem Machtbegrenzung. Die Staatsgewalt ist auch vertikal geteilt. Dass die Länder bei der Gesetzgebung und der Verwaltung des Bundes mitreden, heißt, dass kaum etwas völlig autonom und vieles nur im gegenseitigen Einvernehmen entschieden wird. Kurzum: dass niemand rücksichtslos durchregieren kann.“
Der deutsche Föderalismus sei aber auch nie starr. „Verschiebungen im Kompetenzgefüge und in den Finanzbeziehungen gab es immer wieder, begleitet von einer fortlaufenden Debatte über mögliche funktionale Verbesserungen. Der Bundesrat, das ist meine tiefe Überzeugung, verkörpert eine ausgesprochen demokratische, republikanische Lesart des Föderalismus. Er ist eben nicht das überkommene Relikt alter Fürstensouveränität. Er steht für den Parlamentarismus und die Rechtsstaatlichkeit des Grundgesetzes, für Demokratie, Freiheit und die Würde des Menschen!“, so Steinmeier.
Gefeiert wurde nur kurz. Nach der Ansprache des Bundespräsidenten wandte sich das Plenum der Tagesordnung zu, vom Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Pilotregelung für auf der Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen
bis zum Entwurf eines Gesetzes über den wasserwirtschaftlichen Ausbau an Bundeswasserstraßen zur Erreichung der Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie.