
Polens Justizreformen im Fokus
Podiumsdiskussion zur Rechtsstaatlichkeit
Die Sorgen über die polnischen Justizreformen stehen buchstäblich körperlich spürbar im Raum. Bis auf den letzten Platz gefüllt, lauscht das Auditorium der Diskussion zwischen Joanna Hetnarowicz-Sikora, die im Vorstand der Richtervereinigung Iustitia arbeitet, Prof. Czesław Kłak, seit einem Jahr Richter am Polnischen Staatstribunal, und Michał Wawrykiewicz, dem Mitbegründer der Bürgerinitiative #WolneSądy – übersetzt: Freie Gerichte.
Die Beteiligten wägen ihre Worte entsprechend sorgfältig. Unmissverständlich kann Nordrhein-Westfalens Minister für Europaangelegenheiten und Internationales, Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, adressieren: „Das Recht ist eine Grundlage der EU – und die EU ist eine Rechtsgemeinschaft: Sie verleiht Staaten und Bürgern Rechte. Und genau darum ist die Frage, ob Warschau die Unabhängigkeit seiner nationalen Gerichte gewährt, keine innere Angelegenheit Polens.“
Der Europäische Gerichtshof verpflichtete die polnische Regierung im vergangenen Jahr, die vorzeitige Pensionierung von Richtern des Obersten Gerichts unverzüglich rückgängig zu machen. Das Gericht begründete dies mit der Möglichkeit eines schweren Schadens für die Rechte Einzelner sowie für die Werte der Europäischen Union – insbesondere für die Rechtsstaatlichkeit. Diese Entscheidung ist nur ein Teil der derzeitigen Debatte um die polnischen Justizreformen.
Seit 2016 hat die polnische Regierung eine Reihe von Maßnahmen verabschiedet, die die Struktur der Gerichte, den Status der Richter sowie deren Ernennungs- und Abberufungsprozesse betreffen. Die Europäische Kommission sieht dadurch die Unabhängigkeit der Gerichte gefährdet und hat dementsprechend ein Vertragsverletzungsverfahren sowie ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrages eingeleitet.
Die Pro- und Contra-Positionen verlaufen auch auf dem Podium in der „Botschaft des Westens“ ähnlich wie zwischen der EU und Warschau bzw. neu berufenen und ausgemusterten Juristen in Polen selbst.