
Mehr Kontrollen in der Fleischwirtschaft
Der Bundesrat nimmt zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Stellung
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der antritt, die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie zu verbessern. Der Regierungsentwurf fußt auf den vom Bundeskabinett im Mai beschlossenen Eckpunkten „Arbeitsschutzprogramms für die Fleischwirtschaft“.
Vor dem Hintergrund wiederholt festgestellter eklatanter Verstöße gegen den Arbeitsschutz, zuletzt auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, zog der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann er ernüchterndes Fazit: „Es ist ja nicht so, dass wir in den letzten Jahren nicht versucht hätten, Änderungen in dieser Branche herbeizuführen. Der Bund und die Länder haben verstärkte Maßnahmen ergriffen und Initiativen gestartet, um die Situation der Beschäftigten in der Fleischwirtschaft zu. Ich denke an Folgendes: Die Aufnahme der Branche in das Arbeitnehmerentsendegesetz im April 2009, die Einführung eines Mindestlohns im Januar 2015, die Selbstverpflichtung der Unternehmen der Fleischwirtschaft vom September 2016, das Gesetz zu Sicherung der Arbeitnehmerrechte in der Fleischwirtschaft vom Juni 2017. Damit haben wir geglaubt, die Arbeitssituation für die Beschäftigten in der Fleischbranche geändert zu haben. Wir haben geglaubt, wie haben die Branche im Griff.“ Bereits im Juni dieses Jahres hatten deshalb Nordrhein-Westfalen und Niedersachen „10 Kernforderungen zur Verbesserung der Lebens-und Arbeitsbedingungen von Beschäftigten in der Schlacht- und Zerlegeindustrie“ vorgelegt.
Der vom Bundesrat beratene Gesetzentwurf hat zwei Stoßrichtungen, die Betriebe einerseits und die behördliche Überwachung andererseits. Bei der Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung, mithin dem Kerngeschäft der Fleischwirtschaft, ist es nach den Plänen der Bundesregierung in Zukunft nicht zugelassen, über Werk- und Leiharbeitsverträge Fremdpersonal einzusetzen. Dies betrifft alle Betriebe, die mehr als 49 Beschäftigte einsetzen. Um Missbrauch und Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz zu begegnen, müssen Betriebe die Arbeitszeiten künftig elektronisch aufzeichnen. Bei Verstößen ist mit erhöhten Bußgeldern zu rechnen. Darüber hinaus fordert der Gesetzentwurf Mindeststandards, wenn ein Unternehmen Beschäftigte in Gemeinschaftsunterkünften unterbringt. Gleichzeitig soll der Arbeitsschutz künftig Häufiger und genauer hinschauen. Um die Kontrollen zu verstärken, sieht die neue Regelung im Arbeitsschutz eine jährliche und bundesweit geltende einheitliche Mindestbesichtigungsquote vor. Sie soll zudem schrittweise bis 2026 weiter gesteigert werden. Bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ist vorgesehen, eine neue Bundesfachstelle einzurichten, die Arbeitsschutzaufgaben und Kompetenzen bündeln soll.
Der Bundesrat begrüßt den Gesetzentwurf, sieht an manchen Stellen jedoch noch Bedarf für Verbesserungen. Dies betrifft die Frage, wie die Zahl von weniger als 49 in einem betrieb beschäftigten Personen ermittelt wird und welche Betriebsteile und Organisationsformen dazu gehören. Zum einen sollen die Vorschriften nicht für kleine Handwerksbetriebe gelten, andererseits wollen die Länder ausschließen, dass große Betriebe, die im Fokus des Gesetzes stehen, Möglichkeiten der Umgehung der strengeren Regeln für die Fleischindustrie finden. Weitere Punkte der Stellungnahme betreffend die Arbeitszeit. So wird klargestellt, dass Zeiten für das An- und Ablegen von Schutzkleidung klar als Arbeitszeit gezählt wird. Es muss sichergestellt werden, dass die im Gesetz vorgesehene elektronische Aufzeichnung der täglichen Arbeitszeit manipulationssicher ist. Die Arbeitsschutzbehörden sollen ferner Einsicht in die Aufzeichnung der Arbeitszeiten erhalten und vom Betrieb verlangen können, dass dieser seine Aufzeichnungen hierzu zur Verfügung stellt.
Den Gesetzentwurf wird nun der Bundestag weiter beraten. Eine erste Lesung des Regierungsentwurfs hat bereits am 10. September begonnen. Der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ist für November geplant.