Im Namen des Volkes!? § 175 StGB im Wandel der Zeit

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Ministerin Josephine Paul Ausstellung 175 StGB
27. Januar 2023

Im Namen des Volkes!? § 175 StGB im Wandel der Zeit

Ausstellungseröffnung in der Landesvertretung

Josephine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, eröffnete in der Landesvertretung die renommierte und in Nordrhein-Westfalen bereits mehrfach gezeigte Ausstellung des Centrums Schwule Geschichte „Im Namen des Volkes!? § 175 StGB im Wandel der Zeit“. In einer anschließenden Talkrunde ging es um die Frage nach einer lebendigen Erinnerungskultur im Generationendialog. Die Ausstellung ist in der Landesvertretung noch bis zum 2. Februar 2023 zu sehen.

bislang nicht bewertet

Die Ministerin Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Josephine Paul, eröffnete am 27. Januar in der Landesvertretung die Ausstellung des Centrums Schwule Geschichte „Im Namen des Volkes!? § 175 StGB im Wandel der Zeit“.

An diesem historischen Tag stellte die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Deutschen Bundestag erstmalig die Menschen in den Mittelpunkt, die während des Nationalsozialismus aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden.

„Auch ein Rechtsstaat kann Unrecht haben und Unrecht tun“, sagte Ministerin Paul mit Blick auf die in der Ausstellung dokumentierten „Schulen-Paragraphen“. Es habe lange gedauert, bis die Bundesrepublik die unrechte Fortsetzung der Diskrimineirung eingeräumt hat. Es sei ihr ein Herzensanliegen, die Ausstellung zu eröffnen, die nun erstmals außerhalb von Nordrhein-Westfalen zu sehen ist.

Die Homosexualität betreffende Gesetzgebung und Rechtsprechung sei nicht bloß ein Aspekt der Rechtsgeschichte, sondern steht für ein gesellschaftliches Klima insgesamt. Ausgrenzung, Stigmatisierung und Entrechtung zerstörten das Lebensglück vieler Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung denunziert, verfolgt, verklagt oder bestraft wurden. Die Anerkennung dieses Unrechts hat lange gedauert. Und, so Ministerin Paul, für das erlittene Unrecht können wir nur um Verzeihung bitten.

Nordrhein-Westfalen, so Paul, ist die Geburtsstätte der queeren Emanzipation. Am 29. April 1972 fand im westfälischen Münster die erste Schwulendemo statt. Am 30. November desselben Jahres gründete sich in Bielefeld die erste schwule Emanzipationsgruppe. Und noch einmal 1972: In Dortmund entstand in diesem Jahr das bis heute am längsten bestehende schwul-lesbisch-queere Zentrum Deutschlands.

Das einmal erreichte, so die Ministerin, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Die rechtliche Gleichstellung ist noch nicht am Ziel. Das Ministerium unterstützt daher Bemühungen, um Schutzlücken zu schließen, sei es durch eine Erweiterung des Artikels 3 Absatz 3 Grundgesetz oder landesrechtliche Ergänzungen zum Antidiskriminierungsgesetz. Außerdem wird eine Novellierung des Familienrechts angestrebt mit dem Ziel einer Anerkennung des Sorgerechts von Anfang an. Auch Trans- und Interpersonen muss eine Familiengründung möglich sein. Ministerin Paul kündigte zudem ein Forschungsprojekt zum rechtswidrigen Entzug des Sorgerechts durch NRW-Gerichte an.

Die Ausstellung mahnt daher, nicht allein in die Vergangenheit zu blicken, sondern sich der Herausforderungen der Gegenwart zu stellen.

Anschließend an das Eingangsstatement von Ministerin Paul diskutierten mit ihr Carolina Brauckmann, Historikerin und Aktivistin, Köln , Eli Keitsch, Sozialarbeiter:in, aktiv in der queeren Jugendarbeit, Aachen, Reinhard Klenke, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe NRW i.R., Köln, Ronja Munko, Studentin, aktiv in der Jugendarbeit, Düsseldorf und Marcus Velke-Schmidt, Historiker, Vorsitzender Centrum Schwule Geschichte, Köln zum Thema „Für eine lebendige Erinnerungskultur – LSBTIQ*-Generationen im Gespräch“.

Hintergrund:
Im Jahr 1969 wurden die §§ 175 / 175 a StGB erstmals liberalisiert. Und erst 1994 wurde als Folge der deutschen Wiedervereinigung der § 175 StGB endgültig aufgehoben. Das Centrum Schwule Geschichte Köln und der Förderverein Centrum Schwule Geschichte zeigen aus diesem Anlass eine Ausstellung zur Geschichte antihomosexueller Gesetzgebung in Deutschland. Dabei werden die Grundlinien der historischen Entwicklung immer wieder auf das Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens heruntergebrochen.

Die Ausstellung setzt damit erste Marken für eine umfassende Aufarbeitung der LSBT*IQ-Geschichte des größten und bevölkerungsreichsten Bundeslandes, die immer noch aussteht. Die §§ 175 / 175 a RStGB / StGB waren das am stärksten sichtbare und wirksame staatliche Repressionsinstrument gegenüber gleichgeschlechtlichem Leben, mit Auswirkungen auf trans- und intergeschlechtliche Menschen.
Die Kenntnis seiner Geschichte ist daher nicht nur für Schwule, sondern auch für Lesben, Bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen relevant.

Gefördert wird die Ausstellung vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung.

Durch das Programm führte Claudia Kemper vom LWL Institut für westfälische Regionalgeschichte in Münster.

Die Ausstellung wird bis Donnerstag, 2. Februar 2023 (täglich von 9–18 Uhr), in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund zu sehen sein

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